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Umdenken beim Antibiotikaeinsatz gefordert: Könnten hier Point-of-Care-Tests die Lösung sein?

Besonders in der Erkältungssaison stehen Arztpraxen am Rande ihrer Belastungsgrenze, wenn Patienten mit Symptomen einer akuten Entzündung des Rachenraums (Pharyngitis) vorstellig werden.1 In vielen Fällen werden Antibiotika allerdings ohne entsprechende Indikation verschrieben2,3 – und leisten so der Entwicklung von antimikrobiellen Resistenzen Vorschub.4  Reckitt setzt sich mit der Marke Dobendan bereits seit vielen Jahren für die sachgerechte Verschreibung von Antibiotika ein. Deshalb beteiligte sich das Unternehmen aktiv an der Veranstaltung des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) zum Europäischen Antibiotikatag, welche anlässlich der Welt-Antibiotika-Woche am 16. November 2023 in Berlin stattfand. In einem Vortrag zeigte Dr. Tina Peiter auf, wie Point-of-Care-Tests (POC-Tests) zu einem sachgerechteren Einsatz von Antibiotika beitragen könnten.

Rachenabstrichtests fördern indikationsgerechten Antibiotikaeinsatz

Wie Peiter berichtete, zeigte eine Studie in Deutschland, dass etwa 46 % der Erwachsenen bei akuter Pharyngitis Antibiotika verschrieben bekämen.2 Dem gegenüber stellte sie die 80 % der Fälle, in denen die Erkrankung eine virale Ursache habe und demnach keine Antibiose benötige.4 „Gleichzeitig steigt die Zahl der resistenten Bakterien im Krankenhaus wie auch in der Primärversorgung“5, so Peiter. Eine Begründung befragter Ärzte sei die Erwartungshaltung der Patienten, die sich vom Antibiotikaeinsatz eine schnellere Genesung versprechen.6 „Bei der hohen Verschreibungsquote für Erwachsene im Vergleich zu Kindern, von denen lediglich 20 % bei einer akuten Pharyngitis Antibiotika erhalten, könnte jedoch auch eine Rolle spielen, dass POC-Tests als Entscheidungshilfe für eine Antibiotikaverschreibung lediglich bis zu einem Alter von 15 Jahren erstattungsfähig sind und daher bei Erwachsenen bisher kaum zum Einsatz kommen.“

Rachenabstrichtests erkennen Streptokokken, die häufigsten bakteriellen Erreger bei Racheninfektionen, und helfen damit bei der Vermeidung nicht indizierter Antibiotikaverschreibungen bei viralen Infekten, so Peiter mit Verweis auf eine aktuelle Studie. Hier sahen 90,2 % der teilnehmenden Ärzte die Tests als wichtiges Tool für einen vorsichtigeren Umgang mit Antibiotika und hielten sie damit für wichtig zur Prävention von Resistenzen. 80,2 % bezeichneten sie darüber hinaus als sinnvoll, um gegenüber Patienten den Einsatz bzw. Verzicht von Antibiotikabehandlungen zu rechtfertigen. Tatsächlich zeigte sich nach dem Einsatz von Rachenabstrichtests eine deutlich niedrigere Verschreibungsrate von 25 %.7

Bedeutung der Integration von Rachenabstrichtests in den Praxisalltag nach Ansicht der Ärzte7

Schulterschluss im Gesundheitssystem durch Kombination von Maßnahmen

Neben dem Einsatz von POC-Tests wurden weitere Maßnahmen zur zielgerichteten Verschreibung von Antibiotika diskutiert. Ute Leonhardt, Vertreterin des Verbandes der Ersatzkassen e.V., befürwortete die zentrale Rolle der Arzt-Patienten-Kommunikation beim Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Sie verwies auf das Innovationsfondsprojekt RESIST, das unter anderem einen positiven Effekt einer partizipativen Entscheidungsfindung zeigte.Auch die Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken sei zentral für die Vermeidung einer Übertherapie mit Antibiotika und damit von antimikrobiellen Resistenzen, wie Peiter kommentierte. Denn gerade in der Erkältungszeit fehle es Hausärzten vor allem an Zeit im Patientengespräch. Daher könne ein gangbarer Ansatz sein, die Durchführung von POC-Tests in die Apotheke zu verlagern. Mathias Arnold, Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apotheker e.V. (ABDA), zeigte sich diesem Vorschlag gegenüber offen, betonte jedoch, dass es klare Richtlinien geben müsse, damit Apotheken ihre Lotsenfunktion erfüllen könnten. Immerhin seien Apotheken eine der ersten Anlaufstellen für Patienten mit Erkältungssymptomen, begründete Peiter ihren Vorschlag.

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Schlussendlich brauchen wir aber eine Kombination von Maßnahmen, um den unsachgerechten Einsatz von Antibiotika einzudämmen und wir glauben, dass wir mit POC-Tests einen Teil hierzu beitragen können.

Dr. Tina Peiter

Rachenabstrichtests können einen indikationsgerechten Einsatz von Antibiotika sowie eine verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation unterstützen | Adobe Stock 511211398

 

1. Krüger et al. Dtsch. Arztebl. Int. 2021; 118:188-194.

2. Kern et al. Antibiotics 2021; 10:455.

3. Costs et al. Acta Otorrinolaringol. 2015; 66:159-170.

4. DEGAM S3-Leitlinie Halsschmerzen. AWMF-Register-Nr. 053-010.

5. Llor, C et al. Ther. Adv. Drug Saf. 2014; 5:229–241.

6. Altiner A et al. Fam Pract 2004; 21(5):500-6

7. Peiter et al. Healthcare 2023; 11:2466.

8. Löffler et al. JMIR Res Protoc. 2020; 9(9).